Die Büste – Weniger angestaubt als gedacht
Ist die Büste eine überholte Kunstform oder ein probates Verschönerungsmittel für deine Einrichtung? Lange Zeit schien Konsens zu herrschen: Die Büste hat ausgedient. Das könnte sich bald ändern. Wir erklären, warum.
Was ist eine Büste?
Die Büste ist eine Plastik, die den Kopf und den Oberkörper darstellt. Seit der Antike dienten diese Teilansichten von Statuen dem Personen- und Götterkult oder waren Teil der kollektiven Erinnerungskultur. Eine Büste wird zuweilen als das bildhauerische Pendant der Porträtmalerei angesehen. Im antiken Griechenland nur vereinzelt vor allem für Gottheiten verwendet, erfuhr die Büste im alten Rom eine Blütezeit, deren Optik noch bis heute nachwirkt. Die Dargestellten waren meist Monarchen und andere Herrscher. Oft dienten Büsten nicht allein der Porträtierung bzw. der Erinnerung, sondern der Geltung und Machtdarstellung in Form eines Denkmals. Diese Praxis setzte ins Mittelalter bis in die Moderne fort.
Die Büste – Platz und Wahrnehmung
Büsten findest du heute vor allem in Museen wie im Alten Museum in Berlin, das eine extensive Sammlung antiker Bilderhauerei vorweisen kann. Im öffentlichen Raum versiegte die Bedeutung von Büsten zusehens. Denkmäler als Form der Errinnerungskultur hat sich gewandelt. In der Gegenwart finden sie andere Formen, wie Baudenkmäler, Kunststatuen oder Graffiti oder digitale Avatare. Erinnerungskultur bezieht sich weniger auf die herrschende Klasse, sondern auf in einem Kulturkreis wichtig angesehene Ereignisse bzw. deren Träger: Die Helden der Gegenwart. Im öffentlichen Raum haben Statuen von Pop- und Sportstars die Büsten von Eliten längst abgelöst.
Waren Büsten früher ein beliebter Einrichtungsgegenstand, entweder aus Bekenntnis zur Schönheit der Kunst oder aus Anhängerschaft, sind sie in den letzten 50 – 100 Jahren beinahe vollends aus unseren Wohnungen verschwunden. Das könnte sich jetzt ändern. Glaubt man der New York Times, boomt das Büstengeschäft. Oder ist es vielmehr die künstlerische Umdeutung klassischer Büstenmotive als Dekogegenstand, die den Reiz der Büste ausmacht?
Warum Büsten bald wieder in sein könnten
Die Büste wurde lange Zeit in einem von zwei Kontexten betrachtet. Entweder sie galt als Zurschaustellung von Reichtum oder Macht oder aber als künstlerische Darbietung, die sich kontinuierlich vom (historischen) Bezug zum porträtierten Individuum entfernte. An beide diese Kontexte schließen sich Entwicklungen an, die der Büster tatsächlich zu neuer Beliebtheit verhelfen könnten. Die erste heißt Royalcore und die zweite lässt sich wohl am besten mit Memes in der Kunst umschreiben.
Was ist Royalcore?
Wie der Name schon vermuten lässt, steckt hinter Royalcore die Bestrebung jene Ästhetik der westeuropäischen Königshäuser vom frühen Mittelalter bis hinein in die Belle Epoque nachzuahmen. Attribuiert werden sollen gesellschaftlich erwünschte Eigenschaften wie Eleganz, Moral und Vornehmheit. Der Trend nimmt seinen Ausgang in der Mode, ist aber nicht auf sie beschränkt. Inwischen hat er längst das Feld des Dekor erreicht und erfreut sich dank medialer Vorbilder einer größer werdenden Beliebtheit. Die Einschaltquoten von Historienserien wie Downton Abbey zeugen vom Interesse an der royalen Ettikette, dem Stil und der Lebensweise. Selbst in der Neuzeit angelegte Serien wie The Royals sind aufgrund ihres Settings eine Fundgrube an Inspiration – Büsten inklusive. Sind sie ein Vorbote eines Klassizismus-Revivals?
Kunst meets Meme
Ein weiteres Argument pro Büste könnte eine Entwicklung sein, die sich im Feld der Kunst abspielt. Ikonische Motive antiker Büsten aufzugreifen, um sie in Pop-Art-Artefakte zu verwandeln, ist eine Strömung, die sich vor allem im westamerikanischen Raum ausbreitet. Sie hat Einfluss darauf, wie wir Büsten wahrnehmen und hat geholfen, was als steingewordene verstaubte Geschichtsstunde galt zu einer künstlerischen Persiflage, einem Dekor-Meme zu machen. Die Büste ist auch für KoolKids und Personen unter 80 wieder wohnzimmerfähig und fühlt sich nicht nur in antiken Gemäuern wohl. Wg-Zimmer oder Designer-Wohnung: Ein bisschen Büste geht immer. Das antiquierte Image der Büste ist Geschichte.
Quellen: nytimes.com, aesthetics.fandom.com,
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